KLAUS HAHNE/ULRICH SCHÄFER: Das Projekt als Lehr-Lern-Form in der Berufsbildung in Deutschland. Eine Bibliographie für die Jahre 1956 bis 2010. Materialien zur Bildungsforschung, Band 29, Gesellschaft zur Förderung Pädagogischer Forschung e. V. Frankfurt a. M. 2011, 220 Seiten, ISBN 978-3-923638-48-2, 20,00 Euro

Die Begriffe „Projektmethode“, „Unterrichtsprojekt“, „Projektarbeiten“ und „Projektausbildung“ stehen beispielhaft ausgewählt für eine mittlerweile inflationäre, oftmals synonyme und unreflektierte Verwendung des Projektbegriffes. Dass eine Differenzierung der Begrifflichkeiten, eine exakte Definition und Systematisierung notwendig und möglich sind, zeigen die Autoren KLAUS HAHNE und ULRICH SCHÄFER.

Sie haben mit der vorliegenden Bibliographie in einer akribischen Recherchetätigkeit zur Entwicklung projektorientierter Ausbildungs- und Unterrichtsverfahren insgesamt 1289 im deutschen Sprachraum zu dieser Thematik erschienene Veröffentlichungen zusammengetragen und unter verschiedenen Aspekten hinsichtlich sowohl der historischen als auch systematischen Entwicklung der Lehr- und Lern-Form „Projekt“ in betrieblicher und berufsschulischer Ausbildung untersucht und ausgewertet. Damit erfassen beide Autoren mit der vorliegenden Literatursammlung Veröffentlichungen der Jahre 1956 bis 2010. Sie bilden so einen nahezu 55-jährigen Entwicklungszeitraum zur Lehr-Lern-Form „Projekt“ ab.

Die vorliegende Bibliographie beginnt mit einem einleitenden Essay „Das Projekt in der Berufsbildung im historischen und systematischen Zusammenhang“, in dem die Entwicklung methodischer Großformen vom Lehrgang über die Produkt-, Leittext- zur Projektmethode skizziert wird. Es wird hierbei aufgezeigt, dass das auftragsorientierte Lernen und das Lernen in Arbeits- und Geschäftsprozessen die Projektmethode nicht ablöst, sondern differenziert ergänzt.

Es wird die Frage verfolgt, inwieweit das Projekt unter den heutigen Bedingungen des beruflichen Lernens, bei dem prozess-, arbeits- und auftragsorientiertes Lernen eine immer größere Bedeutung erfahren, noch eine geeignete und aktuelle Lernmethode darstellt. Diese Frage wird speziell im zweiten Teil des Essays beantwortet, indem, nun mit Bezug auf einschlägige Autoren u. a. KLAFKI, SCHULZ, PETZOLD oder auch REISCH und FREY, die besonderen Merkmale dieses Ausbildungs- und Unterrichtsverfahrens herausgearbeitet sowie Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden. Neben der Darstellung der einzelnen Phasen dieses Ausbildungs- und Unterrichtsverfahrens werden ebenfalls verschiedenartige Projekttypen und deren weitere Untergliederung näher beleuchtet.

Hierbei arbeiten die Autoren heraus, dass eine eindeutige Typisierung von Projektbeispielen nach Lernort, Sozialform, Bearbeitungsdauer, Produktumfang oder auch Reichweite, aufgrund der fast unbegrenzten Zielstellungen und vielfältigen Anwendungsbereiche sowie der damit einhergehenden Vielzahl unverbindlicher, unscharfer Unterscheidungskriterien oftmals unmöglich ist. Ausgehend von diesem gegebenen Problem entwickeln die Autoren ein Unterscheidungskriterium mit Bezug auf das Ausmaß der Steuerung des Projektablaufes in allen Phasen durch die Lernenden selbst. Die Ausführungen zu Projekttypen und -merkmalen werden durch eine Beschreibung von ausgewählten Good-Practice-Beispielen für das Lernen in verschiedenen Projektformen weiter ergänzt.

Im dritten Teil des Essays verweisen die Autoren auf theoretische Begründungszusammenhänge, die für die Nutzung des Projektes als Lehr-Lern-Form herangezogen werden können. Hierzu werden verschiedene sowohl pädagogische als auch nichtpädagogische Konzepte, u. a. das des Prinzips der planvollen Arbeit und vollständigen, selbstständigen Handlung, bildungstheoretische Begründungen hinsichtlich der Befähigung zur politisch-gesellschaftlichen Teilhabe, aber auch motivationspsychologische Begründungsansätze dargestellt und diskutiert.

Dem einleitenden Essay schließen sich ausführliche Erläuterungen zur Nutzung der vorliegenden Bibliographie an. Eine detaillierte Auswertung dieser Veröffentlichung kann unter verschiedensten Gesichtspunkten erfolgen, da jeder chronologisch aufgenommene Titel systematisch unter Kategorien wie Textart, Berufsbildungsphase, Berufsfeld, Schulfach oder Projektthema erschlossen worden ist. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, ein breites Spektrum an zusätzlichen Bezügen herzustellen. So ist beispielsweise eine freie Schlagwortsuche nach weiteren Begriffen durchführbar. Verschiedene Register, u. a. Verfasser-, Herausgeber-, Lernort-, Berufsfeld- oder auch Projektthemenregister, führen zu einzelnen Titeln und bieten weitere Rechercheoptionen.

Aufgrund der vielfältigen Recherchemöglichkeiten ist das vorgestellte Werk sehr gut für wissenschaftliche, auch international vergleichende Forschungsvorhaben im Hinblick auf die historische Entwicklung von projektbezogenen Lehr-Lernformen an den unterschiedlichen Lernorten der beruflichen Bildung geeignet. Dieses Werk richtet sich ebenfalls an Lehramtsstudierende, Berufspädagoginnen und -pädagogen sowie Fachdidaktiker/-innen im Bereich der universitären Lehrerbildung, wie auch an Berufsschullehrkräfte sowie betriebliche Ausbilder/-innen, die mit dem Werk Anregungen zur Gestaltung handlungs- und projektorientierten Lernen und Lehrens erhalten können.

Axel Müller