Felix Rauner/Lars Heinemann/Andrea Maurer/Li Ji/Zhiqun Zhao: Messen beruflicher Kompetenzen. Band III: Drei Jahre KOMET-Testerfahrung. Lit Verlag, Berlin/Münster, 258 Seiten, ISBN 978-3-643-11238-5, 29,90 Euro

Mit dem dritten Band zum Modellversuch „Berufliche Kompetenzen und berufliche Identität von Auszubildenden in Elektroberufen: Eine ‚Large-Scale’-Untersuchung an berufsbildenden Schulen in Hessen und Bremen“ – besser bekannt unter dem Kürzel „KOMET“ – stellen die Akteure um den Bremer Berufsbildungsforscher Felix Rauner ihren neuen Arbeitsstand zur Kompetenzdiagnostik vor. „Drei Jahre KOMET-Testerfahrung“ – so der Untertitel – haben dazu geführt, dass die Untersuchungen inzwischen erheblich ausgeweitet und vor allem mit dem Einbezug des Raumes um Peking international geworden sind. Fraglos setzt damit Rauner einmal mehr ein deutliches Zeichen – speziell in Richtung anderer Forschungsgruppen, die sich momentan auf diesem Gebiet bemühen. Kompetenzfeststellungen sind zweifelsohne eine große Herausforderung an die empirische Berufsbildungsforschung, die spätestens mit dem bevorstehenden „Berufsbildungs-PISA“ auch eine starke politische Dimension erreichen wird. Die Selbsteinschätzung, wonach damit erstmals „jetzt auch für die berufliche Bildung ein psychometrisch evaluiertes international anschlussfähiges Verfahren der vergleichenden Large-Scale-Kompetenzmessung vorgestellt werden“ könne (Cover-Rückseite), dürfte gerade für jene interessant sein, die momentan ebenfalls an dieser gewaltigen Aufgabe arbeiten. Nicht jeder wird allerdings die Auffassung teilen wollen, über die bisher bereits gängigen Lernerfolgskontrollen hinaus „psychometrische Messungen“ an Auszubildenden vornehmen zu wollen und in der Folge das Zustandekommen von Lernprozessen bzw. deren Qualität in physikalisch messbare Daten via Zahlenkolonnen zu beschreiben.

Der nun vorliegende dritte Band kann auch gut ohne vorherige Kenntnis der Vorgängerbücher gelesen und nachvollzogen werden, wenngleich einschränkend gesagt werden muss, dass dazu ein Grundverständnis zur quantitativen empirischen Sozialforschung bzw. Statistik äußerst nützlich ist. Die Autoren stellen ihre gewonnenen Erfahrungen in insgesamt acht Kapiteln vor. Zunächst geht es um den „Begründungsrahmen für ein Kompetenzmodell beruflicher Bildung“ (1. Kapitel), danach um „Das KOMET-Kompetenzmodell“ (2. Kapitel) und schließlich um das „Messen beruflicher Kompetenz“ (3. Kapitel). Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Zusammenfassungen und zugleich Erweiterungen aus den vorangegangenen beiden Bänden. Im vierten Kapitel „Ergebnisse zum Messverfahren“ werden die Gütekriterien Objektivität, Reliabilität und Validität der Kompetenzfeststellungsverfahren im Rahmen des KOMET-Projekts knapp sowie speziell die Interrater-Reliabilität ausführlicher dargestellt. „Das KOMET-Forschungsprogramm (2009/2010)“ (5. Kapitel) und „Modellversuchsergebnisse im Überblick“ (6. Kapitel) schließen sich an. Auswertenden Charakter hat das siebente Kapitel „Determinanten der beruflichen Komptenzentwicklung“. Ein Fazit (8. Kapitel) beendet den textlichen Teil, bevor Verzeichnisse und Anlagen einen zusätzlichen Service bieten.

Aus der Fülle der interessanten Aussagen können hier nur einige wenige kurz aufgegriffen werden:

-    Das Kompetenzmodell ist keineswegs eindimensional, sondern wird in den Dimensionen „Anforderungen“, „Inhalt“ und „Handlung“ entfaltet (S. 51 ff.), was auch die Komplexität der im Mittelpunkt stehenden Leistungs- und Wollensdisposition erfordert.

-    Es werden offene Testaufgaben eingesetzt, die jedoch nicht praktisch gelöst werden müssen, da die Kompetenzentwicklung (nur) auf der Konzeptebene und nicht auf der Ebene konkreter Verrichtungen („Performanz“) ermittelt wird (S. 72).

-    Die Berufsbildungspraxis erhält über KOMET Anregungen – wenn nicht sogar Anleitungen – für die Gestaltung und Evaluation beruflicher Bildungsprozesse.

-    Das entwickelte Testkonzept sollte nicht ohne Weiteres für Abschlussprüfungen der Berufsausbildung eingesetzt werden, wenngleich es unter gewissen Umständen möglich wäre (S. 93).

-    Der KOMET-Testansatz lässt sich möglicherweise mit nur geringem Anpassungsaufwand auf andere gewerblich-technische Berufe (speziell Metalltechnik) und mit etwas mehr Mühen prinzipiell auch auf andere Bereiche beruflichen Lernens wie kaufmännische und unternehmensbezogene Dienstleistungsberufe übertragen (S. 67 ff.)

Insgesamt ist für die Berufsbildungsforschung ein reichhaltiger Ertrag festzustellen. Es treten viele interessante Aspekte zutage, die zur Diskussion sowohl unter Theoretikern als auch Praktikern herausfordern. So lassen sich Anregungen finden, die weit über das spezielle Feld der empirischen Kompetenzfeststellungsverfahren hinausreichen.

Volkmar Herkner