Neue Verwaltungssteuerung in Hessen – ein Weg zu einer selbstständigeren Schule? Beispiel: Staatliche Technikerschule Weilburg
Wolfgang Hill

„Das Klischee vom ‚Beamtentyp’ mag entstanden sein, weil Regelungen im öffentlichen Dienst einen besonders hohen Stellenwert haben. Für einen Beamten können Freiräume tatsächlich gefährlich werden. (...) Und es gibt Beamte, für die nicht entscheidend ist, ob ein Problem gelöst wird, sondern nur, ob sie zuständig sind – (...) ‚Beamtenmentalität’ ist letztlich ein ‚Milieuschaden’. Die Probleme treten auch in Unternehmen der Wirtschaft auf, wenn Bürokraten im Management über Jahre dafür gesorgt haben, dass Abläufe bis ins kleinste geregelt werden“ (nach Change Management von Doppler, Lauterburg, S.112).

Doppler und Lauterburg beschreiben ziemlich genau, wo das eigentlich Problem liegt. Eine Änderung in Schulen und Unternehmen kann nicht einfach verordnet werden, sondern muss zunächst in den Köpfen beginnen. Im Rahmen der Verwaltungsreform hat sich das Land Hessen auf den Weg gemacht, die Haushaltsreform und damit eine neue Verwaltungssteuerung (NVS) zu beginnen. Diese Verwaltungsreform bezieht sich auf alle Dienststellen des Landes. Die Staatliche Technikerschule Weilburg (STSW) mit den drei anderen staatlichen Fachschulen in Alsfeld, Hadamar und Hanau sollen in einem Pilotprojekt untersuchen, wie die NVS im Schulbereich umgesetzt werden kann.

Mit dem kameralen Haushalts- und Rechnungswesen steht der staatlichen Verwaltung ein seit Jahrhunderten in sich geschlossenes System der Steuerung und Rechnungslegung mit seinen bekannten Problemen (z.B. das berühmte „Dezemberfieber“ ) zur Verfügung. Die zentralistisch organisierte Verwaltung plant, finanziert und überwacht; ein Anachronismus. So können modern ausgerichtete Unternehmen nicht mehr funtionieren. Der Einsatz betriebswirtschaflicher Steuerungstechniken und unternehmerische Managementmethoden sollen den Weg zu einem ausgewogenen Kosten-Nutzen-Verhältnis bei der Erfüllung wichtiger Ziele ebnen. Herzstück der NVS sind die doppelte Buchführung (Doppik) und eine Kosten-Leistungsrechnung. Die STSW ist seit Januar 2003 „produktiv“, wie es im fachchinesich heißt; d.h. alle Verwaltungsabläufe werden nach den Kriterien der NVS abgewickelt. Wenn von „Outputorientierung in der öffentlichen Verwaltung“ die Rede ist und „die Schule als eine selbstständige Organisationseinheit für die Erfüllung ihrer Aufgaben budgetiert , ... und ihr die Gesamtverantwortung für die Erfüllung dieser Aufgaben bei der Einhaltung des vereinbarten Budgets übertragen wird “, wird deutlich, wo die Knackpunkte für eine selbstständigere Schule liegen. Hier müssen Produkte als Oberbegriff von Dienstleistungen und Gütern definiert werden. Der pädagogische Auftrag gerät in den Dunstkreis der Ökonomisierung von Bildung.

Die dezentrale Aufgaben- und Ressourcenverantwortung bedarf einer ganzheitlichen Sicht der Organisationseinheit „Schule“.

Schließen sich hier unternehmerisches Denken und pädagogische Fragestellungen nicht gegenseitig aus? Was sind die Produkte einer Schule? Die formalen Abschlüsse? Oder die pädagogischen Hilfestellungen und Unterweisungen? Wie werden die Leistungen gemessen?

Das löbliche Ziel, Abbau überflüssiger Hierarchien, einen wirtschaftlichen Umgang mit knappen Ressourcen, Stärkung der Eigenverantwortung aller Mitarbeiter/innen und eine Qualitätssteigerung der öffentlichen Dienstleistung, geht einher mit einer ökonomisierten Bildungsdebatte. Wenn auch alles so extrem nicht eintritt, sollte die Gefahr nicht aus dem Auge verloren gehen.  Jede Umstellung birgt Risiken, eröffnet aber auch Chancen.

Besetzen wir die Chancen und bekämpfen die Risiken!

Mit diesem Beitrag werden konkrete Erfahrungen, Veränderungen und praktische Konsequenzen beim Umsetzen der NVS an der STSW angesprochen.

Wolfgang Hill
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